Holocaust Gedenktag

Helmut Luckert, Nagold:

OMAS GEGEN RECHTS erinnern an Nagolder „Euthanasie“-Opfer

Die Nagolder „OMAS GEGEN RECHTS“, verstärkt durch einige Opas, nahmen den Holocaust-Gedenktag am 27. Januar zum Anlass, um an das Schicksal geistig oder körperlich behinderter Menschen während der Zeit des Nationalsozialismus zu erinnern. Bekannt unter dem beschönigenden Begriff „Euthanasie“ (auf deutsch „schöner Tod“), von den Nazis als „Gnadentod“ verharmlost.

Mindestens sieben inzwischen namentlich bekannte Nagolder Bürgerinnen und Bürger wurden damals auf Grund ihrer Behinderung als „lebensunwertes Leben“ eingestuft und nach etlichen Umwegen 1940 in die zur Tötungsanstalt umfunktionierte Heilanstalt Grafeneck auf der Schwäbischen Alb gebracht. Dort wurden sie in der Regel noch am Tag ihrer Ankunft in der Gaskammer ermordet.

Die Omas legten vor jedem der Häuser, in dem die Opfer einst gewohnt hatten, eine weiße Rose sowie eine Karte mit den Daten der Ermordeten nieder. Einige der Häuser stehen heute noch fast unverändert, zB Turmstraße 2 (heute Bäckerei „Ziegler“) oder Haiterbacher Str. 2. Andere wurden durch neue Gebäude ersetzt, zB Hirschstraße 6 (heute Modehaus „Finkenbeiner“) oder Freudenstädter Str. 12 (heute „H&M“) . An anderen Stellen sind heute freie Flächen, zB. Neue Straße 22 direkt neben der Stadtkirche.

Die Omas konnten bei ihrer Aktion auch mit jungen Menschen ins Gespräch kommen, die sich sehr betroffen und interessiert zeigten. Besonders bedrückend war die Feststellung, dass der damalige Hauptverantwortliche der Euthanasie in Württemberg, der ehemalige Nagolder Arzt Dr.Eugen Stähle, in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem der Opfer wohnte. 10654 Menschen, die meisten aus Württemberg stammend, wurden im Jahr 1940 in Grafeneck ermordet.

Die Omas gegen Rechts verstehen ihre Aktion als weiteren Schritt auf dem Weg, zum Gedenken an die Opfer so genannte „Stolpersteine“ zu errichten. Kleine quadratische metallene Steine sollen vor den Häusern, in denen die Opfer einst gewohnt hatten, in den Boden eingelassen werden. Erfreulich, dass dieses Anliegen inzwischen auch von Oberbürgermeister Großmann sowie vom Heimatgeschichtsverein aufgegriffen wurde und hoffentlich bald realisiert wird. Der erste Anstoß dazu kam von Schülerinnen der Christiane- Herzog-Realschule, die unter Leitung ihres Geschichtslehrers Gabriel Stängle bereits 2019 eine umfangreiche Dokumentation „Nagold im Nationalsozialismus“ angefertigt und ua die „Etwas andere Stadtführung – Auf den Spuren von Opfern und Tätern der NS-Euthanasie“ entwickelt und mehrfach durchgeführt hatten. Ihrer gründlichen Recherche ist es zu verdanken, dass die Daten und Lebensumstände der damaligen Opfer und Täter inzwischen bekannt und dokumentiert sind.