Marburger Omas gegen Rechts feierten 75 Jahre Grundgesetz

Nicht nur in Berlin wurde der 75. Geburtstag des Grundgesetzes am 23. Mai gefeiert. Die Marburger Omas gegen Rechts erinnerten am Heumarkt in der Oberstadt an den runden Verfassungsgeburtstag. Um 15.30 Uhr ertönte Stevie Wonders „Happy Birthday“ und aus den Gassen strömten die Gratulantinnen mit selbstgebastelten Kerzen herbei und überreichten dem Grundgesetz – das ganz im Stil der damaligen Zeit als wandelnde Litfasssäule mit keckem Hütchen auftrat – ihre Glückwünsche.  Langes Leben, Wehrhaftigkeit und viele Dankeschöns für 75 Jahre Demokratie wurden übermittelt. Weiter ging die kleine Feier im Demokratie-Café, das die Omas gegen Rechts auf dem Heumarkt mit Pavillon und Sitzgelegenheiten aufgebaut hatten. Passantinnen und Passanten machten hier Halt und zeigten sich beim AfD-Quiz gut informiert über die Gefährdungen der Demokratie durch Rechtspopulismus und Rechtsextremismus. Fürs Mitmachen gab es selbstgebackene Kekse mit Oma-gegen-Rechts-Emblem.  An einem Geländer reihten sich bunte Zettel mit handgeschriebenen Botschaften an das Grundgesetz. Besucherinnen und Besucher wünschten „glückliche und Empathie fähige Menschen“, ließen das Grundgesetz hochleben oder forderten, dass der in Artikel 1 festgeschriebene Anspruch – „Die Würde des Menschen ist unantastbar“  –  zur „Maxime all unseres politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Handelns werden möge“. „Mich brauchen Sie nicht zu überzeugen“, schmunzelte ein Vorübergehender. Der Mann macht  seine eigene Erfahrungen mit rechten Parteien. Denn er ist Mitglied der Grünen und führt im Stadtrat von Querfurt in Sachsen-Anhalt ein Dasein als Einzelkämpfer. „Machen Sie weiter so“, so sein Appell.   

Das älteste Mitglied der Marburger Omas gegen Rechts ist Renate. „Ich habe als Kind Nazideutschland noch miterlebt“, sagte die 89-Jährige. „So etwas darf nie wieder geschehen.“ Ihre Mutter sei Kinderkrankenschwester in Berlin gewesen, erzählte Renate. Die Mutter habe bei einem jüdischen Arzt gearbeitet. Er und seine Frau hätten ihr Kind zwar vor den Nazis retten können, indem sie es mit einem Kindertransport nach England schickten. Aus Kummer nahmen sich die Eltern aber das Leben. „Diese Geschichte hat mir meine Mutter erzählt und ich habe sie nie vergessen“, so Renate. Dominique Dusoir (68) engagiert sich bei den Omas gegen Recht, „weil sie nicht tatenlos zusehen will, wie rechtsextreme Kräfte“ die Demokratie bedrohen. Sie sei sich der Gefahr für die  Gesellschaft bewusst, sagte die Französin.  Marburger Omas gegen Rechts haben sich nach der großen Demonstration gegen Rechtsextremismus Ende Januar in der Unistadt gegründet und sind seither nicht mehr aus dem Stadtbild wegzudenken